Die ehrliche Konzertkritik: Marc-Uwe Kling, Julius Fischer, Michael Krebs & Band

Marc-Uwe Kling, Michael Krebs, Julius Fischer & Band
Donnerstag, 26. März 2015 | Capitol Hannover

www.marcuwekling.de
Tourplakat, http://www.marcuwekling.de

Marc-Uwe Kling musste sich so lange von jedem als Kleinkünstler betiteln lassen, bis er sich den Traum eines jeden Kleinkünstlers erfüllte: Er verdient mit kapitalismuskritischen Texten Geld. Das gibt der Autor, Musiker und Kabarettist auch freimütig zu. Klings „Känguru-Chroniken“ handeln von dem Kleinkünstler Marc-Uwe, der mit einem kommunistischen Känguru zusammen wohnt, das gerne Leute boxt, Nirvana hört und süchtig ist nach Schnapspralinen. Wer die Trilogie kennt, weiß: „Die einzig relevante Einteilung der Postmoderne lautet: Witzig oder nicht witzig!“ Und Marc-Uwe Kling ist witzig. „Ich hätte auch so gern ein Hobby“, singt er mit gequälter Stimme. „Ein Hobby ist mein Traum. Ich hätte auch so gern ein Hobby. Und einen Hobbyraum.“

Egal, was heute schief läuft, die Band ist nicht schuld, sondern Tontechniker Kevin. Wenn Marc-Uwe Kling schon wieder seinen Text vergisst und Michael Krebs am Keyboard die falschen Töne spielt, dann ist das selbstverständlich Kevin schuld. „Viel Schönes dabei“ heißt die Tour von Kling, seinen Kollegen Julius Fischer und Markus Krebs. Die Drei haben sich außerdem noch „die Pommesgabeln des Teufels“ ins Boot geholt, bestehend aus Bassist Boris „the Beast“ und Schlagzeuger „Onkel“, der seinen echten Namen nicht verraten will.

Man kann der Band ansehen, dass sie richtig Bock auf dieses Konzert und Spaß dabei hat. Nur Marc-Uwe Kling guckt passend zu seinen Texten ein bisschen gequält. „Ich hätte auch so gern ein Hobby, das Leben ist so lang.“ Kling erklärt das Problem mit Tontechniker Kevin: „Ihr müsst das verstehen – für euch ist es Spaß, für uns Spaß und Arbeit und für Kevin ist das nur Arbeit.“

„Was wirst du tun, wenn das Geld die Welt regiert,
man niemand mehr vertrauen kann,
was tust du dann?

Ich pass mich an.“

Die Lieder haben Titel wie „Ein schöner Grabstein ist auch immer ein Totschlagargument“. Julius Fischer, den seine Eltern eigentlich – so sagt er – Adolf Susanne Darth Vader nannten, spielt nicht nur wunderbar Gitarre, Triangel und Klangschale. Er ist auch einer der besten Nasenflötisten im Capitol oder auf der Erde. Weil die Band damit angibt, dass Fischer auf der Nasenflöte jedes Genre spielen kann, darf sich das Publikum eines wünschen. Und es wünscht sich: Death Metal.

Marc-Uwe Kling hat mal wieder seinen Text vergessen. „Du schaffst das!“, ermutigt ihn ein Zuschauer. Die Jungs spielen gegen die Beschleunigung des Lebens, singen wie in Zeitlupe und dann wie im Zeitraffer: „Für immer mehr brauchen wir immer weniger Zeit!“ Und nach dem Tontechniker bekommt auch der Lichtteckniker seine fünf Minuten Aufmerksamkeit: „Matze, beleuchte deinen Scheiß doch alleine!“, singt das Publikum lautstark. Marc-Uwe Kling, der die Menge dazu aufgefordert hat, wird just in diesem Augenblick klar: „Moment, der Scheiß, den Matze beleuchtet – das sind ja wir!“

Das klatschwütige Publikum hört auch nicht auf, als die Musiker nach einer Zugabe längst von der Bühne gegangen sind. Die Band kommt doch noch einmal zurück. Wer schon an der Garderobe stand, eilt wieder zur Bühne. Marc-Uwe Kling kann den Text zu seinem berühmtesten Lied nicht mehr ganz auswendig. Das macht aber nichts, ist sogar irgendwie sympathisch. Die Besucher helfen gerne nach: „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten! Die haben uns verraten und die haben uns auch verkauft!“ Eine dritte Zugabe gibt es nur deshalb nicht, weil die Band nichts mehr vorbereitet hat und schon die zweite Zugabe improvisiert war. Bevor er als Letzter von der Bühne geht, sagt Marc-Uwe Kling noch: „Danke, dass ihr den Text konntet.“

marc-uwe-kling_2014_kaenguru-offenbarung_buch-cover
3. Teil der Känguru-Chroniken, Cover: Ullstein Verlag

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