
„Ich kann nicht schreiben, nicht lesen, aber linke Zecken entfernen!“
Im Hambacher Forst werden Braunkohle-GegnerInnen misshandelt
Der Hambacher Forst bei Köln ist 12.000 Jahre alt, beherbergt 142 geschützte Tierarten… und wird seit Jahren von RWE für einen Braunkohletagebau gerodet. Wo früher 5.500 Hektar Wald waren, sieht man jetzt vor allem eins: Wüste. Seit 2012 protestieren AktivistInnen gegen die Abholzung eines der „letzten Urwälder Europas“ und den Kohleabbau. Je sinnloser die Kohleenergie wird, desto lauter werden auch die Stimmen gegen den Tagebau.
RWE ist der größte Kohlestromversorger Deutschlands, verpasste den Einstieg in die erneuerbaren Energien und kämpft jetzt mit allen Mitteln um die Fortführung des Braunkohletagebaus Hambach. Im April 2012 startete das erste Klimacamp, das im November desselben Jahres geräumt wurde. Alle der 27 Verfahren, die damals gegen die WaldbesetzerInnen eingeleitet wurden, sind inzwischen eingestellt worden.
Mitte August reisten über 1.000 UmweltschützerInnen an, errichteten Barrikaden und blockierten Bagger. RWE-Mitarbeiter und Polizeieinsatzkräfte gingen brutal gegen die UmweltschützerInnen vor. Arthur*, der friedlich gegen den Kohleabbau protestierte, filmte wie „von RWE engagierte Hooligans“, auf AktivistInnen losgingen und zuschlugen. Daraufhin nahmen ihm RWE-Mitarbeiter die Kamera ab und zertraten sie. Arthur wurde zu Boden geworfen und mit dem Gesicht gegen Steine gedrückt, sodass er eine Platzwunde an der Stirn davontrug. Die RWE-Mitarbeiter fesselten die AktivistInnen. Bevor sie an die Polizei übergeben wurden, sagte ein RWE-Wachmann noch: „Ich kann nicht schreiben, nicht lesen, aber linke Zecken entfernen!“ Die Polizisten nahmen Arthurs zerstörte Kamera – inklusive Speicherkarte mit belastendem Videomaterial – an sich.
Weitere UmweltschützerInnen, die gewaltfrei Gleise blockiert hatten, wurden mit dem Kopf gegen Schienen gedrückt, geschlagen und getreten. Im Anschluss wurden sie verhaftet und zu Gefangenensammelstellen in Aachen, Düren und Düsseldorf gebracht, wo sie sich nackt ausziehen und so in der Zelle verharren mussten. Einige der AktivistInnen waren zu dem Zeitpunkt seit 40 Stunden wach und unterkühlt. In den Videos des WDR kann man sehen, wie sie vom RWE-Werkschutz mit Wärmedecken versorgt werden, doch sobald die Kameras aus waren, fing die Schikane von vorne an. Verletzte AktivistInnen wurden durch RWE-Mitarbeiter von den Kamerateams abgeschirmt. Allerdings konnte nicht das gesamte Videomaterial der AktivistInnen zerstört werden. Auf einem der Videos von Mitte August kann man sehen wie ein Bagger und ein Lastwagen durch eine Barrikade brechen, indem sie die dort stehenden Menschen anfahren.
Am 27. August wird die fragwürdige Zusammenarbeit von Polizei und RWE-Werkschutz im Innenausschuss des Landtags Thema sein.
*Name geändert
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